Was jetzt kam war zwar irgendwie zauberhaft, hatte aber leider mit Zauberei so viel zu tun wie ein Kampfpanzer mit einem Blumenstrauß.
Die Damen hatten zum Tanz aufgefordert und der sollte wahnsinnig (und) spannend werden.
Ich ging in mich – denn da lief ein Film ab: Der Film meiner Zukunft. Leider interpretierte ich die Vorstellung von innen so falsch, daß ich die auf mich zukommende Vorstellung von außen nicht richtig einschätzen konnte und so ging alles schief!

Elidana hatte sich angemeldet um ein Dreiecksverhältnis aufzubauen...angeblich der reinen Verlustierung wegen. Dingsbums war auf Alarmstellung gegangen weil sie, ganz richtig, ein Attentat auf ihre Beziehung zu mir vermutete und ich gedachte das entstehen sollende Dreieck der Kräfte zur Stärkung meines Ansehens und zur Vervollkommnung meiner Aktionsfähigkeit einzusetzen. Ich, der Troll, war also der Einzige der nur ein genau abgewogenes Maß an Gefühlen investieren wollte. Und so geriet ich zwischen die Fronten!

Elidana hatte sich erst gar nicht von meinen übersinnlichen Ambitionen ins Ziegenhorn (Bockshorn für Frauen) jagen lassen und sich ausschließlich auf leicht nachvollziehbare, irdische Belange konzentriert. Ich selbst (um den es ja eigentlich ging) hieß alles was trollig an mir war schweigen und ergab mich zunächst den Attacken der Hexen. Ihre Besen kehrten gut, als sie mich in die Mitte nahmen und mich, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, unter ihre Fuchteln zu bekommen versuchten. Ich ging unter in einem Rausch der Sinne...und das hatte Folgen: ich verliebte mich nun doch in Elidana. Aber nie so stark, daß ich alles für sie aufgegeben hätte. Allerdings wusste das wiederum Dingsbums nicht, weshalb sie all ihre Bosheit mobilisierte um als Engel zu erscheinen.

Dann begann die Realität zu flimmern! Sie ruckelte und zuckelte. Sie spielte eine Melodie des Entzückens von der ich annahm sie würde nicht nur auf mich berauschend wirken. Dann stiegen überall rosa Wölkchen auf! Die Horizonte versanken in einer Art Lachgas durch das unzählige Kreaturen strömten. Verstorbene gaben die Klinken unsichtbarer Traumtüren den Ungeborenen in die Hand und eine Schar Aliens eilte herbei um das irdische Schauspiel der Lust in einer 3-D-Illusion festzuhalten die später, zu wissenschaftlichen Zwecken, immer wieder abgespielt werden konnte. Meine Muskeln spannten und entspannten sich wieder, wobei ich das erste Mal das Gefühl hatte doppelt zu sein.

Da existierte offensichtlich etwas das sich bislang nur mit seinem bürgerlichen Namen von anderen Leuten mit bürgerlichem Namen unterschied, doch aus diesem trat jetzt scheinbar oder wirklich (?) etwas aus der scheinbaren, oder wirklichen (?) Realität und aus meinem Körper heraus und wieder hinein, zurück in den Hexenkessel einer seltsamen Doppelexistenz. Ich sah mich, den Troll, förmlich neben mir, dem Menschen stehen. Neben seinem Kopf bewegte sich etwas! Es flatterte wie eine Krähe aufgeregt von einem Gedankenast zum nächsten. Oder hatte ich mich getäuscht? War das eine Fledermaus und ich gar kein Troll, sondern ein Vampir? Wollte ich oder ich nicht sehen wer oder was ich wirklich war / bin??

Aus Dingsbums Sicht handelte es sich bei meiner Person, bei meinen beiden Personen, dem Mann und dem Troll, um jeweils ein bislang zumindest unbrauchbares Wesen, aus dem einfach kein materieller Gewinn zu schlagen war: Essen, Trinken, Lebensstandart, Kinder, Haus, Auto – alles was frau zum Leben benötigt, wenn sie sich ihrer selbst und der ihr innewohnenden Natur gerecht werden will. Nach Elidanas Dafürhalten war ich wohl ein Jemand, der mit seinen Talenten nicht umgehen konnte und deshalb von ihr höchstselbst und persönlich geführt werden müsse, um eines Tages ein Partner auf Augenhöhe werden zu können...wenn sie nicht doch lieber auf die Idee kam ihn einfach wieder wegzuwerfen wie eine ausgesaugte Kartoffel.

All das flüsterten mir Über- und unterirdische Geistwesen ins Ohr, wenn ich grade mal, zwischen den Anläufen, von Höhe- zu Höchstpunkten zum Luftholen kam. Dann bemerkte ich auch ganz nebenbei, daß sich Elidana und Dingsbums küssten! Mein Glaube an das Unmögliche (ein friedliches Miteinander) verstieg sich in himmlische Dimensionen und meine Dummheit wuchs im selben Maß in die Unendlichkeit möglicher und unmöglicher Schöpfungsvarianten, bis hin zu den Quasaren der Ursprünglichkeit. Mich dort niederzulassen erschien mir jetzt wie ein wundervolles Versprechen, für das ich sogar bereit gewesen wäre jeden logisch funktionierenden Verstand zu opfern. Daß Trolle so dämlich sein können würde ich später nicht mehr für möglich halten.
Eine Frage blieb: Würde ich bleiben können wie ich zu sein glaubte?

Schmarrtina tauchte aus der Versenkung mit einem Auftrag auf. Das vertrieb alle meine Bedenken, lenkte mich aber auch von allen unerfüllbaren Wunschträumen ab. Das Holodeck hatte mich zurück. In seinem Bauch musste ich meinen Normalgeist wieder auf Dinge konzentrieren, die sich ein wenig abseits von der Macht eines Trolls befanden.
Es ging um die Eingangshalle eines Industriedenkmals. Das Gebäude wurde gerade von einem Teufel in Menschengestalt umgebaut und sollte zur späteren Glorifizierung seiner Person taugen. Der sogenannte „Baulöwe“, mit dem Schmarri bekannt war, gab über sie, ein Riesenbild in Auftrag, das den Zustand des ironischerweise „Glaspalast“ genannten Bauwerks, welches in Wirklichkeit ein alte Fabrik war, vor der Wiederinstandsetzung zeigte. Es handelte sich also um eine ehemalige Ausbeutungsanlage für einfache Arbeiter. Nun sollte es ein Kunstmuseum werden.

Mich und meinen Troll, der ebenfalls ich war, störte das zwar peripher, aber ich hatte keine Wahl und große Pläne. Ich wollte Dingsbums finanziell befriedigen (eine Ausrede für mein künstlerisches Treiben liefern) und Elidana motivieren ihren deutlich erkennbaren Geschäftssinn eines Tages auch für mich einzusetzen.
Daß dies keine leichte Aufgabe war sollte sich bald herausstellen. Vorläufig glaubte ich noch an funktionierende Dreiecke und deren magische Wirkung auf die Welt. Siehe Pyramiden – ich dachte an Pyramiden innigster Freundschaft.
Also ging ich ans Werk...und himmlische Kräfte standen mir bei!

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  23

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  23"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  23

Autor: Sonja Soller   Datum: 15.09.2022 15:00 Uhr

Kommentar: Herzliche Grüße aus dem verwirrten Norden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  23

Autor: Alf Glocker   Datum: 15.09.2022 15:28 Uhr

Kommentar: Man dankt!
LieGrü
Alf

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  23

Autor: Kathleen   Datum: 15.09.2022 21:56 Uhr

Kommentar: Sehr fantasievoll und wortgewandt Realität und Fiktion miteinander verwoben, wenn ich es richtig verstehe, lieber Alf,

Liebe Grüße

Kathleen

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  23

Autor: Alf Glocker   Datum: 16.09.2022 9:05 Uhr

Kommentar: Du verstehst richtig liebe Kathleen!

Ich danke dir!

Liebe Grüße
Alf

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